Gedenkveranstaltung für die Opfer von Hanau
22. Februar 2024
Am 19. Februar veranstalteten mehrere Organisationen eine Gedenkveranstaltung für die Opfer von Hanau.
Auch die VVN-BdA Koblenz beteiligte sich an der Veranstaltung und hielt einen Redebeitrag.
„Wir gedenken hier der Opfer von Hanau, aber auch allen anderen Opfern von rechter Gewalt. Genau heute ist schon der vierte Jahrestag des Attentats von Hanau …und ich begreife es noch immer nicht. Woher kommen Wut und Hass auf Menschen die dieser Rassist gar nicht kannte – die ihm noch nie begegnet sind… das ist eine Frage, die ich mir stelle. Wie konnte er neun Menschen, die vom Aussehen her nicht in sein Weltbild passten einfach abknallen? Er hatte Waffen und Munition – ganz legal – obwohl es bekannt war, dass er sich in der radikal rechten Szene umtrieb. Eine weitere und die wichtigste Frage, die ich mir stelle ist: wie geht es den Hinterbliebenen, ? den Familienangehörigen,? den Freunden ? den Nachbarn? Denn sie sind die, die ein Leben lang Opfer bleiben. Sie haben einen Menschen verloren, den sie kannten, den sie liebten – einfach – von jetzt auf gleich aus dem Leben gerissen…. Wie verkraften sie das?
Was geht in ihren Köpfen vor? Welche Fragen stellen Sie sich und wie könnten sie endlich zur Ruhe kommen? Ich habe gerade in den letzten Tagen einiges über diesen schrecklichen Fall – noch einmal nachgelesen. Es gab sooo viele Fehler an diesem Abend – und auch später….
Am Samstag war ich in Hanau auf der Demonstration. Es waren ca 10.000 Menschen aus ganz Deutschland angereist um ihre Solidarität mit den Hinterbliebenen zu demonstrieren. Bei der Kundgebung sprachen Angehörige – Väter, Mütter, Geschwister . Mich hat diese Kundgebung sehr mitgenommen, weil ich ganz direkt spüren konnte, wie es diese Menschen zerreißt ja, fertig macht, denn es gab extrem viele Fehler, die bis heute nicht aufgearbeitet sind. Eineinhalb Jahre arbeitete ein Untersuchungsausschuss – ohne Ergebnis. – Der Notruf hatte nicht funktioniert. Ein Autofahrer hatte den Täter gesehen, sich mit dem Auto in den Weg gestellt, so dass er zwei Mädchen nicht erschießen konnte. Danach hat er den Täter verfolgt und wurde schließlich auf dem Lidl Parkplatz von diesem in seinem Auto erschossen. Vorher hatte dieser Mann den Notruf mehrfach betätigt aber es war kein Mensch ans Telefon gegangen. Dieser Mann könnte noch leben – und die, die nach diesem Mord auch noch erschossen wurden…. wenn die Polizei – die ja angerufen wurde – erschienen wäre – und den Täter gestoppt hätte. Die Angehörigen haben Klage eingereicht. Es sollte geklärt werden warum die Polizei nicht erreichbar und somit nicht da war, warum der Notruf nicht besetzt war – und auch, warum der Notausgang der Shisha Bar verschlossen war. Der Staatsanwalt wiess diese beiden Klagen ab. Es wurde also juristisch nicht verfolgt – nicht aufgeklärt. Bis heute gibt es noch immer unzählige ermittlungstechnische Lücken. Welche hilflose Wut, ja Ohnmachtsgefühle müssen die hinterbliebenen Menschen noch heute verspüren? Wann …erfahren sie endlich echte Aufklärung und Gerechtigkeit? Sie wurden zeitweise selbst wie Verdächtige behandelt…. Nicht einmal eine Entschuldigung kam von amtlicher Seite – bis heute nicht.
Die hinterbliebenen Angehörigen haben sich am Samstag sehr über diese große Demonstration und Solidaritätsbekundung gefreut. Sie haben uns gedankt – uns aber auf den Weg gegeben: vergesst diese 9 Menschen nicht. Gebt keine Ruhe – bis endlich alles aufgeklärt ist. Und vergesst all die anderen Morde nicht, die aus dem rechts gerichteten – rassistischen und faschistischen Milieu heraus immer und immer wieder geschehen. Kämpft weiter mit uns – gegen Rassismus, Faschismus, Antisemitismus und zeigt weiter Solidarität mit uns und mit allen Hinterbliebenen von rechts gerichteter Gewalt.
Meine letzte – ganz persönliche Frage ist diese: wieso geschehen solche Fehler – Pannen immer wieder und besonders – bei rechtsgerichteten Attentaten/ Morden?
Und … warum funktioniert gerade bei diesen Morden die Aufklärung nicht ?“