8. Mai muss Feiertag werden!

9. Mai 2022

Veranstaltungen in Mendig und Koblenz

Aam vergangenen Sonntag, 08.05., habe ich als geladener Besucher der VVN-BdA
(Kreisverband Koblenz) an einem antifaschistischen Stadtrundgang durch
Mendig anlässlich der Befreiung Deutschlands vom Faschismus teilgenommen.Veranstalter des Rundgangs war ein loser Zusammenschluss von jungen
Erwachsenen aus Mendig, die sich trotz Wegzug durch Studium und Beruf immer
noch ihrer Heimat verbunden fühlen und regelmäßig gegen ein Erstarken am
rechten Rand der Gesellschaft Zeichen setzen und Aktionen durchführen.

Erste Station und Treffpunkt war am Bahnhof von Mendig (früher
„Kaiserbahnhof“ bezeichnet). Hier wurde mit historischen Bilddokumenten
der Abtransport jüdischer Mitbürger in die Konzentrationslager
thematisiert. Danach wurde das Schicksal einer bis 1943 in Mendig lebenden
Roma Familie anhand von Aussagen von Zeitzeugen beschrieben. Nach einem
gemeinsam gesungenen Partisanenlied wurde der Abtransport und die spätere
Ermordung behinderter Mitbürger aus dem ehemaligen Mendiger Krankenhaus
nach Andernach und später in die Tötungsanstalt nach Hadamar beschrieben
und aus Zeitdokumenten vorgelesen. Offenbar war das tödliche Schicksal der
Abtransportierten in der breiten Bevölkerung sehr wohl bekannt.

Die zweite Station war der ehemalige jüdische Friedhof in Mendig. Hier
wurde die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Mendig und in den
umgebenden Ortschaften erläutert. Während des Gesangs eines jiddischen
Liedes hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, den Friedhof zu besichtigen.
Für die männlichen Teilnehmer wurden Kopfbedeckungen bereitgehalten.

An der Kirche St. Cyriacus war die vierte Station. In dieser Kirche ist
eine Gedenktafel für Pfarrer Bechtel und Kaplan Schlicker aufgestellt.
Beide Geistliche standen im offenen Konflikt mit den örtlichen
Nazi-Vertretern und wurden später in das KZ Dachau verschleppt, wo Pfarrer
Bechtel ermordet wurde. Kaplan Schlicker kam 1945 schwer krank aus der
Lagerhaft und verstarb kurz nach seiner Entlassung. Im Garten der Kirche
steht auch der Grabstein von Dr. Paul Olbertz, dem ehemaligen Chefarzt des
Krankenhauses in Mendig, der durch seine Ehe mit einer Jüdin und seiner
politischen Haltung in dauerndem Konflikt mit den Nazis stand.

Der ehemalige Standort der Synagoge in Mendig war die fünfte Station. Mit
herumgereichten historischen Fotos konnten sich die Teilnehmer den Standort
und das Aussehen des Baus vorstellen. Die Synagoge wurde von Mendiger und
angereisten Mayener SA Schergen geschändet und abgebrannt. Bemerkenswert
war die Rolle des Dorflehrers, der die Kinder in den Schulhof oberhalb der
Synagoge geführt hat, mit den Worten: „ist das nicht ein schönes
Feuer?“. Nach Verlesen eines (fiktiven) Berichts eines jüdischen
Mädchens aus Mendig über ihr Leben unter den neuen Einschränkungen und
Repressionen, ging es zur vorletzten Station.

Am von-Reth-Platz, der von Ewiggestrigen in ignoranter Häme noch häufig
mit seiner alten Bezeichnung „Adolf-Hitler-Platz“ genannt wird, wurde
auf die akute Gefahr durch Neonazis und „neue Rechte“ aufmerksam
gemacht. In unmittelbarer Nähe befand sich ein Versandhandel für Neonazi
Bedarf, der aber glücklicherweise sein Geschäft aufgegeben hat.
Hier wurde der Mitglieder der „Michaelstruppe“ gedacht, einer
Widerstandsgruppe von Jugendlichen aus der Gegend um Mendig. Diese planten
bis zu ihrer Aufdeckung durch die Gestapo Anschläge und Aktionen. Ihre
Mitglieder wurden nach ihrer Festnahme erst zur Burg Stahleck bei Bacharach
gebracht und dann ins Jugend-KZ nach Moringen zur Zwangsarbeit verschleppt.
Nach Singen des Liedes der „Edelweißpiraten“ ging es zur letzten
Station.

Auf der Museumslay in einem Café waren Zeitzeugen geladen, unter anderem
der Bruder eines der verschleppten Mitglieder der „Michaelstrtuppe“.
Hier gab es die Möglichkeit, nach einleitenden Worten, den Zeitzeugen
Fragen über ihr Erlebtes zu stellen. Hier wurde mir auch die Möglichkeit
gegeben, Grußworte der VVN-BdA, KV Koblenz, zu übermitteln, unsere Ziele
vorzustellen und unserer Forderung nach dem 8. Mai als bundesweiten
gesetzlichen Feiertag Ausdruck zu geben. Ich habe auf einem Tisch Flyer und
Sticker ausgelegt und persönliche Gespräche geführt.

Alles in allem eine sehr gut organisierte und mit 50-60 Teilnehmern gut
besuchte Aktion. Besonders erfreulich empfand ich die große Zahl an
Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter den Teilnehmern.

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Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=AqUr_RL4K6Q

Koblenz, Reichensperger Platz